Amorphis | 07.04.2016


Amorphis haben Worte wie "Erholung" oder "Ruhepause" derzeit offenkundig aus ihrem Wortschatz gestrichen. Erst Ende 2015 als Support von Nightwish unterwegs, präsentieren die Finnen ihr aktuelles Album “Under The Red Cloud” nun auch im Rahmen einer ausgiebigen Headliner-Tour als Höhepunkt des Konzert-Abends. Am vergangenen Donnerstag gastierten sie in der Szene Wien.

Dass es auch die mitgebrachten Supportbands in sich haben, zeigten bereits die griechischen Opener Poem. Vom Fluch der oft verschmähten Opener Band war man hier von Beginn an gefeit, tatsächlich habe ich die Szene bei der ersten Band des Abends selten so voll erlebt. Mit ihrem Mix aus Alternative- und Grunge Metal mit Prog-Einschlägen und der vielseitigen Stimme von Frontmann George sorgten Poem für eine absolut fesselnde Darbietung. Die Zeit verging wie im Flug, ehe auch schon wieder zum epischen Finale angesetzt wurde, bei dem die Griechen ein letztes Mal alle Register zogen und eine Prog-Soundwand nach der anderen aufzogen. Einzig und allein den zum Einsatz gekommenen grellen Scheinwerfer hätte man sich sparen können, denn der hatte keinerlei Effekt, außer zusammengekniffene Augen.

Textures im Anschluss ließen sich ebenfalls nicht lange bitten und stiegen mit dem Einstiegssong Drive direkt aufs Gas. Meine Skepsis vorab, ob sich progressiver Metalcore wirklich als guter Stimmungsmacher für Amorphis eignet, war schnell verpufft und auch beim Publikum kamen die Niederländer offensichtlich gut an; die ersten, beim Versuch einer Takthaltung, hektisch zuckenden Köpfe waren bereits auszumachen. Höchst motiviert preschte die Sechsertruppe von Song zu Song. Da war es doch recht überraschend, dass sich nirgendwo ein Pit auftun wollte. Dennoch gab die Band alles und freute sich laut Fronter Daniel de Jongh sehr, wieder in Österreich zu sein. Die "Polyrhythmic Metal Madness" hielt insgesamt etwa 45 Minuten an, dann verabschiedeten sich Textures genau so, wie sie gekommen waren: mit einem Knall.

Woran erkennt man eine nahezu ausverkaufte Location - abgesehen von der sich dicht drängenden Menschenansammlung innerhalb des Saals - noch? Richtig, an der stetig steigenden Temperatur. Die konnte man immer schlechter ignorieren, je näher die Stunde des Headliners rückte. Zuvor wurde das Publikum aber noch mit dem "yksi, kaksi"-Soundcheck (was nichts anderes als "eins, zwei" auf Finnisch bedeutet) belustigt. Um etwa 22:15 Uhr war es schließlich soweit und Amorphis betraten endlich die Bühne. Unter frenetischem Applaus wurde auch sogleich mit dem Namensgeber sowie zwei zweiteren Songs des neuesten Longplayers Under The Red Cloud losgelegt. Ältere wie jüngere Semester verfielen der Band auf der Stelle und zeigten bereits früh begeisterte Textsicherheit. Auch die Band selbst zeigte sich in absoluter Bestform, besonders Tomi Joutsen glänzte ein Mal mehr in seiner Rolle als Frontmann. Mittlerweile ohne die endlos langen Dreads unterwegs, poste er ohne Unterlass und stellte sein beeindruckendes Stimmspektrum bestens zur Schau, dass es eine wahre Freude war. Auch die Songauswahl dürfte kaum Wünsche offen gelassen haben, von 2015 bis 1994 war so einiges dabei. Ein besonderes Schmankerl war hierbei vor allem für Oldschool-Fans Drowned Maid aus dem Meilenstein Tales Of The Thousand Lakes, das zusammen mit Gitarrist und ehemaligem Frontmann Tomi Koivusaari performt wurde. Mit dem Übersong House Of Sleep wurde der Hauptteil dann beendet, ehe man sich im Zugabeteil noch über den neuen Kracher Death Of A King sowie Silver Bride freuen durfte und das Set mit The Smoke schließlich sein Ende fand.

Fazit: Trotz anfänglicher Skepsis aufgrund der doch recht unterschiedlichen Stilrichtungen von Supportbands und Hauptact, wurde ich schnell eines Besseren belehrt und mit absolut sehenswerten Bands belohnt. Ein Abend, der seinesgleichen sucht und vielleicht mein bisheriges Konzerthighlight 2016 darstellt.

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