Euroblast 2019 | Tag 3

Car Bomb
Der letzte Tag am Euroblast begann für mich wieder etwas später und mit einem Auftritt, der wohl allen Beteiligten noch lange im Gedächtnis bleiben wird. The HAARP Machine haben sich in den letzten Jahren sehr rar auf Bühnen gemacht, entsprechend heiß ersehnt war ihr Auftritt um 16.20 Uhr auf der Hauptbühne. Angeblich kam es schon lange im Vorfeld zu einem Streit zwischen Gitarrist Abdullah Al Mu'min und Andrew Ivashchenko von Shokran, der als neuer Sänger vorgesehen war, woraufhin sich Ersterer dazu entschied, die Gitarre jemand anderem zu überlassen (die Bühne teilte er sich auschließlich mit Gastmusikern) und sich selbst am Mikrofon zu versuchen. Leider eine Lösung, die nicht sehr erfolgversprechend war. Die stimmliche Leistung und seine generelle Haltung während des Auftritts ließen die kollektive Vorfreude schon bald nach dem Opener Disclosure verpuffen. Die Halle leerte sich schnell wieder, die Fans gingen mit der Enttäuschung ob dieses Auftritts auf verschiedene Arten um. Die einen zeterten, der Rest entschied sich dafür, sich über die Performance lustig zu machen und den Gesang zu imitieren, wodurch diese Laute den kompletten Tag über (von Besuchern und so manchen Bandmitgliedern) zu hören waren.

Hypophora, die im Anschluss auf der Side Stage zu sehen waren, wussten diesen enttäuschenden Einstieg in den Tag aber sofort wieder vergessen zu lassen. Der UK-Fünfer um Sängerin Katie McConnell überzeugte mit starker Stimme und funkigem Alternative Rock (ja, auch sowas funktioniert auf dem Euroblast wunderbar) und sorgte mit Songs wie Spires oder Ordinary für ein volles und begeistertes Auditorium. Hochkarätig ging es mit Tides From Nebula weiter, die Post Rock pur auf die Hauptbühne brachten und als eine der wenigen Bands auf Vocals verzichteten. Zu den atmosphärischen Gitarrenwänden gesellten sich aufgrund ihres kürzlich erschienenen neuen Werks From Voodoo To Zen zunehmend Synthesizer und die Lichtshow tat ihr Übriges, diesen perfekten Auftritt auch visuell passend zu untermalen.

Nach einer kurzen Pause war es Zeit für Betraying The Martyrs, die ab 19.20 Uhr die Hauptbühne in Beschlag nahmen und zwar nicht die technisch anspruchsvollste Band am Billing waren, wie sie zu Beginn selbst verkündeten, dafür aber genau wussten, wie sie den geneigten Proghead aus der Reserve zu locken hatten. Präsentiert wurde hier eine mitreißende Hardcore-Show, die zahlreiche Pits und die eine oder andere Wall Of Death nach sich zog. In regelmäßigen Abständen wurde von Frontmann Aaron Mills auch der noch immer allerorten zu vernehmende The HAARP Machine-Running-Gag eingestreut, was zwar selbst Stunden später noch zahlreiche erheiterte Abnehmer fand, auf Dauer aber doch ziemlich fad wurde.
Danach betrat Veranstalter John ein letztes Mal die Hauptbühne, um sich ausführlich für die tatkräftige Unterstützung seines Teams, die einer nach dem anderen auf die Bühne geholt wurden und auch für ein Foto posierten, aber auch bei den Besuchern selbst zu bedanken und betonte abermals, dass man hier zu einer richtigen Großfamilie zusammengewachsen war. Der lautstarke Applaus des Publikums gab ihm recht. Das Gefühl des Zusammenhalts ist am Euroblast nahezu einzigartig.

Mit Voyager um 21.15 Uhr kam es dann wieder zu einem radikalen Stilwechsel, der jedoch nicht besser hätte funktionieren können und die Massen in Ekstase zu versetzen wusste. Die Band aus Down Under vereint Metal gekonnt mit 80er-Synthesizern und sorgte damit für Feierlaune und kollektives Haupthaarschütteln. Band und Publikum hatten gleichermaßen Spaß daran, sich zu verausgaben und was nach etwas über einer Stunde blieb, waren Begeisterung und Vorfreude auf das kommende Album Colours Of The Sun, das hoffentlich auch ein baldiges Wiedersehen mit den Australiern in Aussicht stellt. Mit Tides Of Man auf der Side Stage war danach wieder rein instrumentaler Post Rock angesagt. Anfangs stand der Auftritt der US-Amerikaner unter keinem guten Stern, da es technische Probleme mit den Pedals gab, doch Band und Techniker taten alles dafür, die technischen Schwierigkeiten schnellsmöglich zu beheben. Gitarrist Daniel Miller bedankte sich immer wieder für die Geduld des Publikums; dieses wurde von der Band schließlich mit einer einnehmenden und emotionalen Show belohnt und einige Besucher hatten Tides Of Man danach als neue Lieblingsband auserkoren.

Kurz nach 23.00 Uhr war es an Car Bomb, auf der Hauptbühne für ein fulminantes Ende zu sorgen. Das ließ sich die Mathcore-Formation aus den USA nicht zwei Mal sagen und machte ihre exkluisve Albumrelease-Show zu etwas ganz Besonderem. Eine letzte großflächige Verausgabung im Zuschauerbereich, ein letztes Mal mitwippen zu dem brachialen Soundgewitter des Quartetts, das sichtlich Freude daran hatte, dem Publikum eine technische Ohrfeige zu geben, dann hieß es Abschied nehmen von den Leuten, die man die letzten Tage über kennengelernt hatte und den Rückzug zur Straßenbahn antreten, während mir Car Bomb noch immer die Ohren schlackern ließen.

Fazit: Mit dem Euroblast Festival konnte ich heuer endlich eine weitere Perle der europäischen Festivallandschaft entdecken. Absolut geniale Bands, eine tolle Organisation, ein rundum freundliches und engagiertes Team, das mit Feuereifer bei der Sache ist und ein überall zu spürender Community-Geist sind nur die Eckpunkte eines gelungenen Wochenendes voller Livemusik. Wenn ihr die Gelegenheit habt, dabei zu sein, solltet ihr euch dieses besondere Festival nicht entgehen lassen.

Foto via (c) Quinten Quist Konzertphotographie

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