Lindemann | 08.02.2020


Eines der mit am meisten Spannung erwarteten Konzerte der letzten Wochen trug sich am Samstag im Wiener Gasometer zu. Rammstein-Kopf Till Lindemann und Sidekick Peter Tägtgren gastierten anlässlich der Veröffentlichung ihres zweiten Albums F & M mit ihrem Nebenprojekt auch in der Bundeshauptstadt.

Samstagabend, 20.00 Uhr: Die Halle im Gasometer ist bereits brechend voll, mit Jadu betritt der erste Support-Act des Abends die Bühne. Der Job des Openers wurde durch den heiß ersehnten Headliner zwar noch undankbarer, die Band meisterte diesen aber mit Bravour. In das düstere Klangbild, das von Pop-Elementen und schweren Gitarren gezeichnet ist und textlich im Militär- und SadoMaso-Bereich angesiedelt ist, mischte sich optisch eine reduzierte Bühnenbeleuchtung, die die Band entsprechend in Szene setzte, wodurch Militär-Kluft und Fetisch-Lackoutfit passend zur Geltung kamen. Song für Song überzeugte die Musik sichtlich, wodurch Jadu auch einige Fans  dazugewinnen konnte, die sich freuen dürfen: Im September kommt die Formation erneut nach Wien - diesmal als Headliner.

Nach kurzer Umbaupause ging es direkt mit dem zweiten Support Aesthetic Perfection weiter. Partystimmung war angesagt, denn nun hielt der Industrial Metal Einzug in den Gasometer - zumindest nach dem Haarmann-Lied-Intro. Das Trio wurde umgehend jubelnd in Empfang genommen, was vermuten lässt, dass die Formation aus Los Angeles schon den einen oder anderen bekannt gewesen sein dürfte. Frontmann David Graves könnte mit seinem Outfit wohl auch als Street Style-Ikone durchgehen und animierte die Menge unablässig, was sichtlich fruchtete. Einige ließen sich (trotz der nur 30-minütigen Stagetime gab es auch hier einen Spannungsbogen mit Höhen und Tiefen) vom Motto "Rhythm takes control" anstecken und mitreißen.

Stimmungsmäßige Höhen wurden jedoch selbstredend erst mit dem Hauptgrund des Konzertbesuchs erreicht. Bereits beim Soundcheck machte sich ein voreiliger Crowdsurfer auf den Weg nach vorne, bevor Lindemann, Tägtgren und Band die Bühne mit gut zehnminütiger Verspätung betraten, um das erst dritte Konzert der Tour zu geben. In Reih und Glied stehend konnte man die in weiß gekleideten und mit Schminke versehenen Männer zunächst ausgiebig betrachten und bejubeln, bevor die Treppe im Gleichschritt hinabgestiegen und mit Skills In Pills vom gleichnamigen Debüt-Album gestartet wurde. Im Hintergrund sorgte eine Videowall für visuelle Reize, was hier wortwörtlich zu verstehen ist. Hauptsächlich zu sehen waren hier - neben offiziellen Musikvideo-Ausschnitten - nackte Frauen in jeglichen Konfektionsgrößen und weibliche Genitalien in Nahaufnahme. Womit auch gleich zu Beginn geklärt wäre, wieso das Konzert mit FSK 18 versehen wurde. Neben einer bunten Lichtshow gibt es nicht viel mehr Showeinlagen, was der Stimmung in der Halle nur bedingt schadete. Großflächig wurde abgefeiert und dem im Mittelpunkt stehenden Heroen gehuldigt. Bei Allesfresser wurden reiheweise Torten in die verzückte Menge geschmissen, Platz Eins wurde von Lindemann und Tägtgren stellenweise in einem riesigen durchsichtigen Ball inmitten der Zuschauer zurückgelegt und bei Fish On kam es zu erneuter Lebensmittelverschwendung, indem mithilfe eines kleinen Katapults - richtig - Fisch in die Menge geworfen wurde. Somit lassen sich die wesentlichen Elemente der Darbietung kurz zusammenfassen.

Das Konzert bestand aus einer Mischung aus musikalisch Interessantem und mittelmäßigen Songs sowie einer statischen Abfolge von Rammstein-esken Bewegungsabläufen (die ohne den Bombast der Hauptband geradezu überdeutlich auffallen). Über alldem thronte die Videowall mit vor Sex triefenden (no pun intended) Szenen. Kann man spaßig und unterhaltsam finden oder auch langweilig, unnötig und sexistisch. Provokation? Naja.

Wo ein großer Name drauf steht, muss also nicht zwangsläufig eine großartige Show dahinterstecken. Es kann auch nur eine mittelmäßige sein, was bei wahren Showmastern aber auch schon fast der niedrigsten Bewertungsstufe gleichkommt.

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