Ghost | 20.11.2015


Wenn hunderte Menschen an einem Freitagabend freiwillig einer Messe beiwohnen, kann das nur zwei Gründe haben: Entweder sie sind sehr gläubig und können sich keinen besseren Start in das Wochenende vorstellen, als in die Kirche zu gehen, oder aber eine ziemlich schräge Band hat etwas damit zu tun. Auf mich und viele andere traf vor Kurzem definitiv letzteres zu, denn die schwedischen Okkult-Rocker Ghost waren in der Stadt und beehrten uns am vergangenen Freitag im Zuge ihrer "Black To The Future"-Tour in der Arena Wien.

Bereits zum Opener Dead Soul um 20:00 Uhr war der Saal mächtig gefüllt - ob das an der Beliebtheit des schwedischen Duos lag oder daran, dass sie ohnehin der einzige Support-Act waren, vermarg ich allerdings nicht zu sagen. Als die Band schließlich die Bühne betrat, durfte sie sich jedenfalls über einiges an Applaus freuen, besonders die ersten Reihen empfingen die Schweden herzlich. Für ihren Auftritt, der außerdem der allererste auf österreichischem Boden war, hatten sie sich noch einen dritten Musiker dazugeholt. Ich muss gestehen, beim Vorab-Reinhören vor ein paar Wochen hatten sie mich nicht unbedingt umgehauen - solide, aber nicht sonderlich im Gedächtnis hängen bleibend. Dass sie aber einen gut gewählten Support abgeben würden, dem war ich mir bereits von Anfang an sicher. Während ihrer Show kam mir auch kein einziges Mal auch nur ein Hauch eines Zweifels ob dieser Einschätzung. Dead Soul brachten von Anfang an ohne jeglichen Schnickschnack - nicht mal ein Backdrop hatten sie dabei - eine ganz besondere Stimmung in den Saal und wussten somit das sehr gemischte Publikum zu überzeugen. Songs wie Burn Forever, Do Your Job oder das tanzbare The Fool wurden begeistert aufgenommen. Dennoch war weniger Bewegung und mehr gebanntes Lauschen die Devise, was der Stimmung aber keinen Abbruch tat. Nach einer guten halben Stunde, die wie im Flug verging, hieß es auch schon wieder Abschied nehmen. Bleibt nur noch zu hoffen, dass Dead Soul vom österreichischen Publikum so überzeugt waren, dass sie es sich nicht nehmen lassen, bald wieder für ein Konzert vorbeizuschauen.


Dass Ghost keine gewöhnliche Band sind, muss ich wohl niemandem mehr erzählen. Allein ihre Bühnenshows und die Art, wie sie sich geben, sind eine Klasse für sich. Dass davon auch die Umbaupausen nicht ausgenommen sind, liegt wohl auf der Hand. So wurde bereits in der halben Stunde vor der eigentlichen Show mit Weihrauch und mystischer Musik für Kirchenflair gesorgt. Besonders ab 20:45 Uhr, als es langsam aber sicher in Richtung Headliner ging, war Schluss mit der herkömmlichen Hintergrundmusik vom Band und man wurde stattdessen mit einem Werk des italienischen Priesters Gregorio Allegri, der vor rund 400 Jahren lebte, zum Hauptabendprogramm hingeleitet. Ghost wissen allerdings nicht nur zu begeistern, sondern ihre Fans kurz vor Showbeginn auch ordentlich auf die Folter zu spannen. So wurden kurz vor 21:00 Uhr die Lichter etwas gedämmt und sofort brach ein Sturm an Jubelrufen los, der noch lauter wurde, als die Lichter endgültig ausgingen und nun ausnahmslos alle Augen wieder auf die Bühne gerichtet waren. Doch die Schweden zierten sich nach wie vor, denn ein weiteres Intro der englischen Komponistin und Violinistin Jocelyn Pook folgte, während die Bühne in rotes Licht getaucht wurde. Mittlerweile war bereits eine leichte Unruhe auszumachen, ungeduldige Fans drängten weiter nach vorne und man merkte nun endgültig, dass die Arena an diesem Abend restlos ausverkauft war. Als Ghost schließlich in neuen schnittigen Outfits endlich die Bühne betraten, gab es seitens des Publikums kein Halten mehr und die Stimmung war sofort am Kochen. Ausnahmslos jeder Song brachte weitere Jubelstürme mit sich und ein Zenit der Stimmung war somit nicht auszumachen.

Ghost sind ja bekanntlich keine Band, zu der man moshen kann, Möglichkeiten zum Headbangen gab es aber immerhin, wie zum Beispiel bei Con Clavi Con Dio vom 2010er-Album Opus Eponymous. Songs aus den Anfangstagen der Band wurden allerdings kaum zum Besten gegeben, Hauptaugenmerk lag selbstredend auf dem im August erschienenen Album Meliora und auch über haufenweise Songs aus dem Vorgängeralbum Infesstisumam durfte man sich freuen. Chef Papa Emeritus III. war auch in Wien in Plauderlaune und sorgte für kurze, unterhaltsame Plaudereien zwischen den Songs, sprach mit "It is very important to have fun" aber auch kurz die tragischen Ereignisse in der Pariser Konzertlocation Le Bataclan an und heimste dafür lautstarke Zustimmung vom Publikum ein. Ganz der Priester, griff der Papa auch regelmäßig zum Weihrauchkessel, um die Menge weiter einzuräuchern, während er dieses weiterhin gekonnt und ohne Probleme von der Bühne aus dirigierte. Vor Body And Blood rief er zwei junge Damen im Nonnenkostüm, die er als "Sisters Of Sin" vorstellte, auf die Bühne und schickte sie anschließend ins Publikum. Danach verschwand er kurzzeitig von der Bühne, während der Rest der Band brav weiterspielte, um kurz darauf ohne das gewohnte Papst-Outfit zurückzukehren. Maskiert blieb er aber natürlich dennoch. Ein wenig Nebel, eine stimmige Lichtshow und viel Gepose - fertig ist die simple, aber effektive Bühnenshow von Ghost. Als sich das Konzert langsam dem Ende zuneigte, wurde es dann mit der Acoustic-Darbietung von Jigolo Har Megiddo und einem extra für diesen Song auf die Bühne gebrachten Kerzenständer nochmal so richtig stimmig, bevor es immer weiter zum unumgänglichen End-Doppel If You Have Ghosts und Monstrance Clock ging. Letzterer sorgte wieder mal mit dem Überchorus, der hauptsächlich vom verzückten Publikum lauthals gesungen wurde, für Gänsehaut. Noch ein letzter Refrain, ein letztes Gepose und ohne noch weitere Worte zu verlieren, ging mit den letzten Tönen das Licht aus und die Show war vorbei.

Ein wenig benebelt vom Weihrauch, aber vollends zufrieden wurde dann um kurz vor 22:45 Uhr der Rückzug angetreten. Da sah man auch gerne über das heillose Durcheinander beim Versuch, zurück zum Ausgang zu gelangen, hinweg. Ghost haben immerhin ein Mal mehr bewiesen, wieso sie bereits jetzt als Kultband gelten und konnten auch die zahlreichen Fans, die sie an diesem Abend zum ersten Mal sahen, restlos von sich überzeugen.

Fotos via

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