Textures | 26.11.2017


An einem kalten, windigen und dazu noch freien Tag wie am vergangenen Sonntag verlässt man das warme, gemütliche Nest vor allem nach Einbruch der Dunkelheit nur noch äußerst ungern. Irgendwie schaffte ich es aber doch, mich von meinem Bücherstapel und meiner Kuscheldecke zu trennen, um mich auf den Weg ins Wiener Chelsea zu machen. Motivationsgrund: Die Progressive-Formation Textures, die sich zum Abschiedskonzert eingefunden hatte.

Mother Of Millions hatten für 19:30 Uhr den undankbaren Slot des Openers und konnten vor allem anfangs nur eine Handvoll Zuschauer vor die kleine Bühne locken. Doppelt schade, wenn man bedenkt, was sich hier in der nächsten halben Stunde abspielen sollte. Wenn man rein nach Äußerlichkeiten geht, würde man Sänger George Prokopiou eine derart klare Stimme auf den ersten Blick wohl eher nicht zutrauen. Umso wunderbarer die Überraschung, als er sein Stimmorgan mit den Progressive Rock-Klängen der restlichen Band in Einklang brachte, nur um kurz darauf unter Beweis zu stellen, dass auch die gutturalen Vocals perfekt sitzen. Generell kann ich nicht anders, als den Auftritt der Band mit dem Prädikat "absolut perfekt" zu versehen. Nebel und Lichtshow sorgten für ein Höchstmaß an Atmosphäre und selbst der Sound, den ich nun wirklich selten so lobend erwähne, war absolut perfekt. Das Quintett hob Soundwände empor, die einem eine Gänsehaut nach der anderen bescherten - Musik für die großen Bühnen und einfach nur grandios. Die Band gastierte an diesem Abend zum ersten Mal in Wien bzw. Österreich, aber hoffentlich nicht zum letzten Mal. Ganz großes Kino, Mother Of Millions.

Extremities im Anschluss konnten dieses vorgelegte Level an Genialität mühelos halten, gingen dabei aber weit brachialer zu Werke. Mit Progressive Groove Metal lockte die vor etwa zwei Jahren gegründete Band laufend neue Zuschauer vor die kleine Bühne und sorgte für einen steten Stimmungsanstieg. Vor allem Frontmann Thimo Franssen gab den Entertainer und unterhielt das Publikum mit witzigen Zwischenansagen. Songs wie Rakshasa und Thousand Faces luden zum Headbangen ein und auch hier sorgte das Zusammenspiel von Nebel und Lichtshow für zusätzliche Atmosphäre, allerdings war der Sound leider etwas zu laut.

Das große Finale dieses technisch anspruchsvollen Abends läuteten dann um kurz vor 21:30 Uhr natürlich Textures höchstselbst ein. Mittlerweile herrschte dichtes Gedränge im Bereich vor der Bühne, was der Band beim Betreten selbiger ein lautstarkes Begrüßungskomitee bescherte. Das Konzert in Wien war das letzte, bevor es für die Niederländer wieder in die Heimat ging, um ihr finales Konzert zu spielen. Ein letztes Mal Party mit ausgeklügeltem Progressive Metal statt Wehmut war die Devise und so wurden Kracher wie New Horizons, Swandive oder Storm Warning rausgehauen, die die im Publikum herrschende Begeisterung von Song zu Song ansteigen ließ. Zwei Mal meinte Frontmann Daniël de Jongh mit Blick auf die Uhr, dass man nun normalerweise wirklich alles gespielt hatte, was ging, doch an diesem Abend sollte das Ende noch lange nicht in Sicht sein. Erst nach fast zwei vollen Stunden Spielzeit, als in der zweiten "Halbzeit" auch eine Wall Of Death - oder wie Textures sie gerne betiteln: Wall Of Life - zustande kam, Gitarrist Joe Tal ein Akustik-Solo zum Besten gegeben hatte und mit Awake und Laments Of An Icarus nun aber wirklich die beiden letzten Stücke gespielt waren, hieß es, Textures nun tatsächlich zu verabschieden und ziehen lassen. Aber bitte keine Tränen, denn egal, welche Wege die Bandmitglieder nun einschlagen werden, man sieht sich bestimmt nochmal, auf welche Art und Weise auch immer.

Fazit: Textures erwiesen zum letzten Mal, wieso diese Tour verdientermaßen als "A Farewell To Kings" betitelt wurde. Auch die mitgebrachten Supportbands Extremities und Mother Of Millions lieferten absolut geniale und sehenswerte Shows und verirren sich hoffentlich schon bald wieder in eine der hiesigen Konzertlocations.

Foto via

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